Redebeitrag der SPD zur Resolution "Aufnahme einer Familie aus Moria"
Lasst mich ein ihr Kinder
Ist so kalt der Winter
Öffnet mir die Türen
Lasst mich nicht erfrieren
Ich nehme an alle von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, können jetzt innerlich weitersummen. Weihnachtslieder. Etwas tröstliches in dieser schwierigen Zeit. Etwas verbindendes. Miteinander und mit den anderen, die dieses Lied zuhause singen. Anderwo darf man in diesem Jahr ja leider nicht singen.
Aber wie klein sind diese Probleme verglichen mit dem, was anderwo passiert. Wir sprechen in dieser Resolution über einen Ort, der ein Provisorium sein sollte und für viele Menschen, Kinder, Frauen und Männer, seit vielen Monaten ein Gefängnis ist. Einfacher sollte es werden. Entstanden ist eine Zeltstadt, die regelmäßig von Überschwemmungen betroffen ist. "Die Situation im abgebrannten Lager Moria 1 war schlimm, aber die Zustände im neuen Lager sind ein Skandal“, wird der Essener Caritasdirektor auf der Website des Essener Bistums zitiert. „Es gibt zu wenige Toiletten. Über Wertmarken wird geregelt, dass jeder einmal pro Woche duschen darf. Im Lager breitet sich die Krätze aus. Es fehlt an Medikamenten, warmer Kleidung, trockenen Schlafsäcken, Gummistiefeln. Eigentlich fehlt es an allem.“ Menschen so unwürdig unterzubringen, sei ein Vergehen an den europäischen Werten.
"Die humanitären Werte, auf die sich die Europäische Union beruft, werden an den
europäischen Außengrenzen und in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln bis
Lampedusa seit Jahren in dramatischer Weise ignoriert." Das stammt nicht von mir oder irgendeiner linken NGO, das stammt von der Landessynode der evangelischen Kirche in Norddeutschland. Sie appelliert an die politisch Verantwortlichen, nicht erst eine europäische Gesamtlösung
abzuwarten, sondern schnell und entschlossen humanitär zu helfen. Deutschland kann und
soll in der Aufnahme voran gehen. Zugleich sollte die Bundesregierung einer gemeinsamen,
von humanitären Werten getragene europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik höchste
Priorität geben.
Diese politischen Verantwortlichen, das sind auch wir. Das wollen wir auch sein.
Ich denke an die Kinder, die nicht nur mit Corona zurecht kommen müssen, die einfach froh wären, in einem trockenen Zuhause schlafen zu können. Kinder leben im Schlamm, können die Schule nicht besuchen. Familien verbringen den ganzen Tag im Schlafsack, weil alles andere zu kalt wäre. Ärzte ohne Grenzen berichten, dass eine der häufigsten Verletzungen, die sie bei Kindern in den Lagern behandeln gerade Rattenbisse sind. Kinder werden nachts von Ratten angeknabbert! Kindheit im vergessenen Winkel Europas, vor unser aller Haustür.
Ja, ich weiß, dass unsere Möglichkeiten begrenzt sind. Dass wir Unterkünfte schaffen müssen. Aber diese eine Familie, die kriegen wir mit durch. Ich weiß das, und Sie wissen das auch, liebe Kolleginnen und Kollegen. Bummelig 19000 plus sechs, sieben oder acht. Das geht. So wie es beispielsweise in Pinneberg auch geht, wo eine ganz ähnliche Resolution verabschiedet wurde. Wie in so vielen anderen Kommunen. Und um so mehr wir werden, umso einfacher wird es. Darin liegt der Unterschied zum Antrag der FDP, der nur die geltende Rechtslage benennt. Und wenn das System "so gut funktionieren" würde, liebe CDU, dann würde es diese Lager seit Monaten nicht mehr gebrn.
Wir stehen hier und wir sagen: wir können euch ein Zuhause sein. Wir können eine Familie zu uns holen. Wir können Kinder aus dem Schlamm holen. Wir können sie in die Schule schicken und ihnen Zukunft schenken. Ein menschenwürdiges Asylverfahren ermöglichen. Europäische Werte leben. Den Friedensnobelpreis rechtfertigen. Wir haben dazu alle Möglichkeiten.
Wenn ich mein Herz auch für diese Kinder öffne, dann ist klar: wenn ich auch nur einem Kind das ermöglichen kann, dann muss ich es tun."
Der Antrag erhielt die Stimmen der SPD, der Grünen und der Ratsfrau Anne Lamsbach. CDU, FDP und BfB stimmten mit nein, so dass die Resolution abgelehnt wurde.
www.bistum-essen.de/pressemenue/artikel/beschaemend-und-skandaloes-das-leben-der-menschen-im-flue...
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2 months ago